Bitkom-Umfrage zeigt auf, dass deutsche Unternehmen sich vor allem wegen Abhängigkeiten von China und den USA sorgen.
Ohne Halbleiterchips stünde ein großer Teil unseres modernen Alltags still. Smartphones, Waschmaschinen, Rechenzentren, Autos und vieles mehr würden ohne die winzigen Hightech-Bauteile nicht funktionieren. Doch wie fragil die globalen Lieferketten letztlich sind, rückte spätestens durch die sogenannte Chipkrise im Zuge der Corona-Pandemie ins Bewusstsein . Auch einige Jahre danach scheint die Versorgungslage alles andere als sicher zu sein, wie eine Umfrage des Digitalverbands Bitkom zeigt.
Demnach befürchten 92 Prozent der befragten Unternehmen, die intensiv mit Halbleitern arbeiten, dass der Konflikt zwischen China und Taiwan die Versorgung in Deutschland gefährden könnte. Doch 62 Prozent haben auch kein oder nur wenig Vertrauen in die USA als Halbleiterlieferant. Der Grund für diese Sorgen ist die große Abhängigkeit von diesen beiden Ländern; im laufenden Jahr haben 72 Prozent der befragten deutschen Unternehmen ihre Chips in den USA gekauft oder planen dies, 63 Prozent geben China als Bezugsland an. Es folgen Deutschland mit 54 Prozent, Japan mit 36 Prozent und Taiwan mit 28 Prozent.
67 Prozent kämpfen mit Export- oder Importbeschränkungen
Von Beschaffungsproblemen wie Lieferverzögerungen und Preiserhöhungen berichten 96 respektive 91 Prozent. 67 Prozent haben mit Export- oder Importbeschränkungen zu kämpfen. Wie wir berichteten, hat vor allem Rohstoffgigant China die Ausfuhr mehrerer für die Chipherstellung relevanter Materialien wie Gallium und Germanium, aber auch Seltenen Erden unter strenge Auflagen gestellt. Auf den anhaltenden Chip-Mangel haben die befragten Unternehmen vor allem mit verstärkter Lagerhaltung reagiert, viele sind langfristige Vereinbarungen mit Lieferanten eingegangen oder stellen ihre Lieferketten breiter auf.
Neben eigenen Initiativen wünschen sie sich aber auch mehr politische Rückendeckung. So fordern 90 Prozent, Deutschland müsse einseitige Abhängigkeiten bei der Halbleiterversorgung abbauen. Dafür brauche es mehr europäische Fertigungskapazitäten und strategische Partnerschaften, erklärt Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst. Zur Stärkung der gesamten Wertschöpfungskette könnten steuerliche und förderpolitische Anreize sowie verlässliche Rahmenbedingungen und Bürokratieabbau beitragen.
EU-Maßnahmen zur Stärkung der heimischen Chipbranche in der Kritik
Maßnahmen zur Verbesserung also, die bereits die EU mit ihrem 2022 vorgestellten Chips Act (wir berichteten) angekündigt hat. Das Gesetzespaket sieht vor, bis 2030 einen Anteil von 20 Prozent an der weltweiten Chipherstellung zu erreichen. An dem Vorhaben und vor allem der Umsetzung gab es jedoch immer wieder Kritik, unter anderem vom Europäischen Rechnungshof. Erst kürzlich hat auch die Semicon Coalition, eine EU-weite Initiative zur Stärkung der heimischen Halbleiterindustrie, die Ziele als unrealistisch eingeschätzt und eine Überarbeitung des Chips Act gefordert (PDF).
In Deutschland ist derweil der geplante Bau von Halbleiterfabriken der US-Konzerne Intel und Wolfspeed, die von Subventionen aus beiden Ländern profitieren sollten, abgesagt bzw. verschoben worden. Als Gründe wurden unter anderem die schwierige Marktlage und wirtschaftliche Risiken genannt, aber auch wachsende geopolitische Herausforderungen.
Photo: D-Keine via Canva