Ultradünne Netzhautprothese erfolgreich an Mäusen getestet.
Forscher der Yonsei-Universität im südkoreanischen Seoul haben eine künstliche Netzhaut entwickelt, die die Wiederherstellung des Sehvermögens revolutionieren könnte. Während herkömmliche elektronische Netzhautprothesen, auch bionische Augen genannt, unflexibel seien und ihre starren Elektroden das weiche Gewebe um die Netzhaut beschädigen können, bestehe ihre Erfindung aus weicherem Material, erklärt das Team den Nutzen in der Wissenschaftszeitschrift Nature Nanotechnology. Die starren Elektroden werden durch integrierte Fototransistoren mit dreidimensionalen Flüssigmetall-Mikroelektroden aus einer eutektischen Gallium-Indium-Legierung ersetzt. Eutektisch bedeutet, dass die Legierung einen niedrigeren Schmelzpunkt hat als ihre Bestandteile. Gallium besitzt einen Schmelzpunkt von 29,76 Grad Celsius, während es bei Indium 156,6 Grad sind. Die Legierung hat einen Schmelzpunkt von etwa 15,7 Grad Celsius.
Den Wissenschaftlern zufolge verhindere die Kombination aus weicherem Material und der flüssigen Beschaffenheit der Mikroelektroden mögliche Schäden am umliegenden Gewebe. Darüber hinaus sind die Elektroden lokal mit Platin beschichtet, das dazu beiträgt, Ladungen in die Netzhautneuronen zu injizieren und so die Übertragungseigenschaften der Elektroden auf diese zu verbessern.
Da die Gallium-Indium-Legierung bei Raumtemperatur flüssig ist, wird die künstliche Netzhaut vor der Implantation zunächst gespült und eingefroren, damit sie fest wird. Das Team testete die Netzhaut nach eigenen Angaben mehr als zehn Mal erfolgreich an Netzhäuten von Mäusen und hofft nun, das Experiment auf einen größeren Maßstab ausweiten zu können. Um Menschen zu helfen, die unter dem Verlust ihrer Sehkraft leiden, müsse die Erfindung jedoch erheblich verbessert werden, da das Bild im Experiment aufgrund der geringen Größe des Mäuseauges auf 36 Pixel beschränkt war. Zum Vergleich: Obwohl weder Menschen noch Mäuse in Pixeln sehen, wird das menschliche Sehvermögen auf 576 Millionen Pixel geschätzt.
Technologiemetalle fördern wissenschaftliche Durchbrüche
Der niedrige Schmelzpunkt von Gallium ist einer der Hauptvorteile des Metalls verglichen mit anderen Elementen und einer der Gründe, warum das Metall Aufmerksamkeit in der Forschung erhält. So könnten beispielsweise Injektionen und Blutentnahmen durch Nadeln erleichtert werden, die beim Gebrauch weicher werden. Der niedrige Schmelzpunkt von Gallium ist jedoch nicht sein einziger Vorteil. Ein amerikanisches Start-up-Unternehmen nutzt die höhere Effizienz von Galliumnitrid-Halbleitern bei der Stromübertragung im Vergleich zu Silizium-Halbleitern, um Flugzeugflügel aufzutauen, was künftige Verspätungen auf Flughäfen reduzieren könnte.
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