
Börsenprofis bleiben fürs kommende Jahr überwiegend vorsichtig optimistisch. Allerdings halten sich die meisten Strategen mit Einschätzungen der geopolitischen Risiken zurück.
Gegenüber den bekannten Analysen und Prognosen hat sich in der zurückliegenden Woche nichts Spektakuläres geändert. Das überrascht mich insofern, als die Kriegsängste weltweit zugenommen haben und immer mehr die Medien beherrschen. Im dritten Teil meiner Auswahl greife ich noch einmal prominente in- und ausländische Stimmen auf. Wem Sie folgen, geschätzte Privatanleger, sei Ihnen weiter überlassen.
Aktienmärkte mit weiterem Potenzial
Ein weiteres ereignisreiches Jahr an den internationalen Aktienmärkten neigt sich dem Ende zu. Erneut waren die Marktteilnehmer gefordert, angesichts anhaltender politischer wie auch wirtschaftlicher Unwägbarkeiten teils deutliche Kursschwankungen auszuhalten. Mit Blick auf das Jahr 2026 stützen vier zentrale Faktoren den optimistischen Ausblick für die Aktienmärkte: ein solides globales Wirtschaftswachstum, eine zunehmend unterstützende Geld- und Fiskalpolitik in vielen Volkswirtschaften, eine rückläufige politische Unsicherheit sowie ein Investitionsboom im Bereich der Künstlichen Intelligenz, heißt es bei M. M. Warburg. Und sie fahren fort: Nach der Aktienmarktrally erwarten wir 2026 keine weitere Ausweitung der Bewertungsniveaus, jedoch deutliches Gewinnwachstum. In den USA dürften die Unternehmensgewinne erneut zweistellig steigen. Insgesamt rechnen die Banker mit einem positiven Aktienmarktjahr und zwischenzeitlicher Risikoaversion. Für den S&P 500 wird zum Jahresende 2026 mit einem Stand von 7.700 Punkten gerechnet.
Gewinnerholung in Europa erwartet
Laut M. M. Warburg deutet sich in Europa nach drei Jahren stagnierender Gewinne 2026 eine Erholung an. Die Erholung der Investitionen sowie die expansive Geld- und Fiskalpolitik dürften die Gewinnsituation verbessern. Die Dividendenrendite von rund drei Prozent wirkt zusätzlich unterstützend. Warburg sieht den Euro Stoxx 50 bei 6.100 Punkten, den Stoxx 50 bei 5.250 Punkten und den DAX bei 26.000 Punkten zum Jahresende 2026.
Keine Rezessionsgefahr befürchtet
Edmond de Rothschild Asset Management sieht keine Rezession aufziehen, sondern blickt ebenfalls mit vorsichtigem Optimismus auf das Jahr 2026 – warnt jedoch vor einem riskanten Zusammenspiel aus überhitzten KI-Bewertungen, hohen Staatsdefiziten und einer ungewöhnlich geringen Visibilität in den USA. Trotz hoher Bewertungen erwartet Edmond jedoch deutliche Marktverwerfungen, sollte sich die KI-Euphorie als spekulative Blase entpuppen. Die Parallelen zur Dotcom-Blase seien unübersehbar: extreme Bewertungen, massiver Kapitalzufluss und ein unsicheres Monetarisierungsmodell. Hinzu kommen strukturelle Risiken wie Energieknappheit und erste Stresstests im boomenden Private-Credit-Markt.
Europa kann Überraschung liefern
Die größte Überraschung könnte hingegen Europa liefern. Während Frankreich verwundbar bleibt und Südeuropa vom NextGen-EU-Plan profitiert, rückt besonders Deutschlands Kurswechsel in den Fokus: Ein breit angelegtes Konjunktur- und Investitionsprogramm, die angestrebte Kapitalmarktunion und protektionistische Maßnahmen gegenüber China markieren eine neue wirtschaftspolitische Linie mit potenziell weitreichenden Auswirkungen für den gesamten Kontinent.
Auch in den USA steht ein geldpolitischer Umbruch bevor. Mit dem Auslaufen der Amtszeit von Fed-Chef Jerome Powell rechnet Edmond de Rothschild AM mit einer politisch stärker beeinflussten US-Notenbank und warnt vor steigenden Defiziten in den G7-Staaten – ein Umfeld, in dem langfristige Anleihen gemieden werden sollten.
Strategisch setzt der Asset Manager 2026 auf Diversifikation, Resilienz und Souveränität. Dabei bevorzugen die Investmentteams den Big-Data-Bereich anstelle von Large-Cap-KI-Aktien. Weiteres Potenzial sieht das Unternehmen in europäischen Small Caps und Value-Aktien in den USA. Darüber hinaus lassen sich Chancen in Goldaktien sowie ausgewählten Schwellenländer- und Hybridanleihen erkennen. Gefragt seien vor allem untergewichtete und unterbewertete Segmente, die bereits erste Erholungsimpulse zeigen.
Bei US-Aktien übergewichtet
Potenzial für eine breitere Markt- und Wirtschaftserholung im kommenden Jahr sieht Jim Caron, Chief Investment Officer der Portfolio Solutions Group von Morgan Stanley Investment Management, aufgrund prozyklischer Fiskal- und Geldpolitik sowie Deregulierung in den USA. Er bleibt bei US-Aktien übergewichtet, ist in Europa neutral positioniert und bevorzugt High-Yield- vor Investmentgrade-Anleihen.
Hier sein Ausblick auf das kommende Jahr:
„Im kommenden Jahr besteht aus unserer Sicht Potenzial für eine breitere Erholung sowohl des Marktes als auch der Wirtschaft. Nachdem die Konjunktur 2025 schwächelte, ist die globale Fiskal- und Geldpolitik seitdem entschieden prozyklisch ausgerichtet. Wir sehen daher 2026 Raum für positive Überraschungen.
Die koordinierten politischen Unterstützungsmaßnahmen für US-Aktien dürften dabei eine Rolle spielen. Die fiskalpolitischen Maßnahmen wurden zeitlich deutlich nach vorne gezogen. Ihre Haupteffekte werden voraussichtlich 2026 und teilweise auch 2027 spürbar sein. Derweil bleiben die Investitionsausgaben robust, profitieren weiterhin von beschleunigten Abschreibungen und unterstützen das Wirtschaftswachstum nachhaltig.
Gleichzeitig tendiert die Geldpolitik als Reaktion auf schwächere Arbeitsmärkte in Richtung Lockerung. Die Verbraucher dürften von zusätzlichen Steuersenkungen profitieren, die den privaten Konsum stützen werden – selbst wenn der Arbeitsmarkt Anzeichen einer Schwäche zeigt. Wir gehen jedoch davon aus, dass er sich im Laufe des Jahres 2026 wieder erholen wird.
Gold bleibt einer der Favoriten
An der Favoritenstellung der Edelmetalle hat sich trotz jüngster Preisschwankungen nichts geändert. Das bestätigt auch der amerikanische Vermögensverwalter VanEck durch eine neue Studie. Darin heißt es u.a.: Längerfristig können Anleger davon ausgehen, dass Gold weiterhin als Absicherung gegen die allgemeine Marktvolatilität und Unsicherheit fungieren wird. Seit 2008 hat Gold in den bedeutendsten Marktkrisen US-Aktien und Staatsanleihen übertroffen. Dies spiegelt die Rolle von Gold als Absicherung gegen finanzielle Risiken in Zeiten der Unsicherheit wider. Zu den potenziellen Risiken zählen jedoch längere Perioden steigender Realzinsen, Änderungen der Zentralbankpolitik oder eine anhaltende Stärke des US-Dollars, die allesamt die langfristige Wertentwicklung von Gold belasten könnten.
Die Wertentwicklung von Gold im Jahr 2025 spiegelt laut VanEck eher die sich wandelnden globalen Fundamentaldaten als Spekulationen wider. Inmitten anhaltender Währungsanpassungen, fiskalischer Expansion und geopolitischer Unsicherheit bleibt Gold eine traditionelle Wertanlage und ein potenzieller Bestandteil diversifizierter Portfolios. Anleger sollten sich jedoch darüber im Klaren sein, dass die Goldpreise schwanken können und sich nicht immer wie erwartet entwickeln.

