Wer betont langfristig denkt, kommt an deutschen Aktien nicht vorbei. Dafür sorgen nicht nur Kursfantasie und Dividenden, sondern zudem neue Nachfragequellen durch die kommende Rentenreform und verstärkte Engagements der Frauen als Anleger.
Anlässlich des Weltfrauentags (8. März) wurde wieder einmal die Rolle der Frauen bei der Geldanlage beleuchtet. Obwohl die Informations- und Aufklärungsarbeit über die Börsen und Wertpapiere seit Jahren zunimmt, sind die Wissensdefizite noch nicht beseitigt. Vor allem: Frauen fürchten Altersarmut weit stärker als Männer. Das zeigt eine aktuelle Studie zum Anlageverhalten der Deutschen, die das Meinungsforschungsinstitut forsa im Auftrag der Gothaer Asset Management AG durchgeführt hat. Das Ergebnis: Frauen setzen bei der Geldanlage vor allem auf Sicherheit und sehen sich noch immer wesentlich stärker von Altersarmut bedroht als Männer.
Große Unterschiede zwischen den Geschlechtern
Gefragt nach den größten Sorgen und Befürchtungen mit Blick auf ihre Geldanlagen, zeigt sich beim Thema Altersarmut der größte Unterschied zwischen den Geschlechtern: Während sich 59 Prozent der Frauen, die mindestens eine Geldanlage besitzen, Sorgen machen, dass ihre Geldanlagen im Alter nicht ausreichen könnten, äußern nur 49 Prozent der anlegenden Männer ähnliche Bedenken. Die Sorge der Frauen ist berechtigt, denn laut Statistischem Bundesamt gilt in Deutschland jede fünfte Frau ab 65 Jahren als armutsgefährdet. Die Renteneinkünfte von Frauen liegen derzeit um fast 30 Prozentpunkte unter denen der Männer.
Die Gründe für diese große Differenz sind vielfältig. Einer ist sicherlich der Gender Pay Gap, der häufig dazu führt, dass Frauen weniger verdienen und somit auch weniger für ihre Altersvorsorge zurücklegen können. Zudem haben Frauen aufgrund familiärer Verpflichtungen oft längere Erwerbsunterbrechungen, was sich negativ auf ihre Rentenansprüche auswirken kann. Vermutlich sind die niedrigen Einkünfte auch ein Grund dafür, dass Frauen sich weniger mit dem Thema Geldanlage beschäftigen. Laut Gothaer Anlegerstudie legen 17 Prozent der Frauen überhaupt kein Geld an. Bei Männern sind es hingegen nur 10 Prozent.
Gemeinsam Risiko einer Altersarmut angehen
Zum Thema Angst vor Altersarmut sagt Alina vom Bruck, Vorständin bei der Gothaer: „Blumen oder Schokolade zum Weltfrauentag sind eine schöne Geste. Aber viel wichtiger ist es, in der Partnerschaft zu überlegen, wie gemeinsam etwas gegen eine potenzielle Altersarmut der Frau getan werden kann.“ Ein Lösungsansatz könnte sein, dass der (Ehe-)Partner Ausgleichszahlungen für die Altersvorsorge leistet, wenn der andere Partner wegen der Kindererziehung zu Hause bleibt oder in Teilzeit arbeitet. Dies bietet eine faire Möglichkeit, das Altersvorsorgebudget aufzustocken. Darüber hinaus sollten Frauen, wenn sie selbst nicht die notwendige Zeit und Erfahrung verfügen, professionelle Finanzberater*innen zu Rate ziehen, um für ihre finanzielle Zukunft vorzusorgen.
Frauen setzen auf Sicherheit – Männer auf Rendite
Laut der aktuellen Studie legen Frauen bei der Geldanlage besonders hohen Wert auf Sicherheit. Für 54 Prozent der befragten Frauen ist Sicherheit der wichtigste Aspekt, bei den Männern hingegen sind es nur 45 Prozent. Dementsprechend investieren Frauen im Durchschnitt weniger in risikoreichere, damit oft aber auch ertragreichere Geldanlagen. Nur 19 Prozent der Frauen legen ihr Geld in Aktien an. Bei den Männern sind es 34 Prozent. Auch bei den Fonds ist eine Differenz von elf Prozentpunkten zu verzeichnen. Laut Studie nutzen 39 Prozent der Männer Fonds als Geldanlage, jedoch sind es nur 28 Prozent der Frauen. Dazu passt, dass 21 Prozent der Männer angeben, dass ihnen bei der Geldanlage eine hohe Rendite wichtig sei, bei den Frauen sind es nur sechs Prozent.
Frauen im Portfolio-Management: eine Seltenheit
Anlässlich des Weltfrauentages hat das internationale Analyse- und Ratinghaus Morningstar ausgewertet, wie es um die Repräsentation von Frauen im Portfoliomanagement bestellt ist. Es zeigt: In Deutschland bleibt das Portfoliomanagement weiter fest in Männerhand. Von den in Deutschland domizilierten aktiv gemanagten Fonds werden nur 3 Prozent von Frauen verwaltet. Immerhin knapp 10 Prozent werden von gemischten Teams gemanagt. Dies ergibt eine Analyse von 812 in Deutschland domizilierten aktiv verwalteten Fonds, für die der Name des Managers bzw. der Managerin in der Datenbank Morningstar Direct verfügbar ist.
Dass die Branche sich dennoch in Richtung von mehr weiblicher Beteiligung im Portfoliomanagement bemüht, zeigen Daten zu den gemischt verwalteten Fonds. So werden aktuell 9,73 Prozent von Teams mit weiblicher Beteiligung gemanagt, in denen die männliche Komponente allerdings oft dominiert. Im Vergleich: im März 2023 lag diese Zahl bei 8,8 Prozent. Das verwaltete Vermögen kletterte auf 20,3 Prozent (Vorjahr: 17) Prozent. Insgesamt geht der Trend in der Branche Richtung Verwaltung durch Teams, nicht Einzelpersonen.
Um die Absurdität der Geschlechterverteilung im Asset Management in Deutschland etwas plakativ hervorzuheben: Es gibt mehr Fondsmanager, die auf den Namen „Christian“ (18) und „Thomas“ (24) hören, als es weibliche Fondsmanager bei deutschen Fonds überhaupt gibt.
Frauen verantworten kleinere Fonds als Männer
Frauen verwalten zudem eher kleinere Vehikel als ihre männlichen Kollegen, wie die weitere Auswertung nahelegt. Denn die Frauen zeichnen sich lediglich für knapp 2 Prozent des verwalteten Vermögens verantwortlich. Bedauert Morningstar: „Die Auswertung hätte übrigens repräsentativer ausfallen können, würden die deutschen Fondshäuser transparenter agieren. Leider können wir über das Geschlecht der Fondsmanager von vielen Fonds keine Aussage treffen, weil sich die Fondshäuser nicht in die Karten schauen lassen.“
Völlig losgelöst von den üblichen Maßstäben – also von Zinsen und Geldpolitik, Konjunkturverläufen und Unternehmensbewertungen (KGV) – besteht nach meiner Einschätzung Anlass zu Optimismus, dass sich langfristig spürbar mehr Deutsche (Institutionen und Frauen) um das Thema Geldanlage kümmern werden. Die (endlich) näher rückende Rentenreform wird zusätzlich viel Nachfragpotenzial durch den Staat schaffen. Begleitet von der öffentlichen Diskussion über die Vor- und Nachteile der Einbeziehung einer „Aktienrente“ in die Altersvorsorge werden immer mehr Bundesbürger angeregt, sich verstärkt für die Börse zu interessieren. Aktien und Aktienfonds sollten also auch strukturell (nicht nur konjunkturell) langfristig an Gewicht für die Deutschen gewinnen – auch für die Frauen.