EU-gefördertes Projekt soll radioaktive Abfälle reduzieren und zugleich wertvolle Ressourcen gewinnen.
Neben dem Ausbau Erneuerbarer Energien setzen Länder weltweit und durchaus auch in Europa wieder vermehrt auf die Kernkraft, da sie als vergleichsweise emissionsarm gilt. Doch der Verbleib der dabei entstehenden radioaktiven Abfälle ist ein umstrittenes Thema. In Deutschland etwa könnte die Suche nach einem Standort für die Endlagerung noch viele Jahrzehnte dauern. Einen anderen Ansatz verfolgt ein neues EU-Projekt: die Wiedergewinnung kritischer Rohstoffe aus dem Atommüll.
„MaLaR – Novel 2D-3D Materials for Lanthanide Recovery from nuclear waste“ erhält über die nächsten drei Jahre 2,3 Millionen Euro an Fördermitteln. Koordiniert wird es von Professorin Kristina Kvashnina vom Helmholtz-Zentrum-Dresden-Rossendorf (HZDR), beteiligt sind weitere Forschungseinrichtungen aus Frankreich, Schweden und Rumänien.
Recycelt werden sollen Lanthanoide, eine chemische Elementgruppe, zu der auch der überwiegende Teil der Seltenen Erden gehört. Diese Rohstoffe werden für zahlreiche Anwendungen wie Elektromobilität, Windkraft, Unterhaltungselektronik, Kontrastmittel und Katalyse benötigt. Da die Produktion Seltener Erden bisher überwiegend in China erfolgt, wollen die EU-Länder ihre Importabhängigkeit vermindern, auch durch Recycling.
Ein umweltfreundlicheres und effizienteres Trennverfahren für Seltene Erden
Im Falle des Atommülls muss dieser dafür zunächst in seine Bestandteile getrennt werden. Dabei gelten nicht nur die üblichen Sicherheitsrisiken beim Umgang mit radioaktiven Elementen, wie Kvashnina erklärt. Auch die starke chemische Ähnlichkeit der einzelnen Seltenen Erden werde zur Herausforderung. Die bislang gängigen Trennverfahren, um Cer, Lanthan, Neodym und Co. voneinander zu separieren, gehen mit einem hohen Verbrauch von Chemikalien und Energie einher. Zudem kann zusätzlicher Abfall anfallen. Das MaLaR-Projektteam will eine umweltfreundlichere und effizientere Methode entwickeln, die sich für Atommüll ebenso wie für Industriemüll eignen soll.
Wie bei derzeitigen Abtrennverfahren setzen die Forscher dabei auf die Sorption: Spezifische radioaktive Elemente in flüssigen nuklearen Abfällen lagern sich an die angrenzende feste Phase eines Sorptionsmittels an und können so von den restlichen Stoffen separiert werden. Als spezifischer „Elementfänger“ sollen hier Graphenoxide zum Einsatz kommen, poröse Materialien auf Kohlenstoff-Basis. Studien zufolge können sie die Leistung bisheriger industrieller Sorptionsmittel für Radionuklide deutlich übertreffen. Um dieses Potenzial zu entfalten, wollen Kvashnina und ihre Partner die elektronische Struktur der Graphenoxide weiterentwickeln und gezielt optimieren. Ziel von MaLaR sind marktnahe technologische Lösungen, um zugleich wertvolle Rohstoffe aus Abfällen zu gewinnen und die Endlagerung von radioaktiven Rückständen sicherer zu machen. Denn die neuartigen Trennverfahren könnten helfen, Isotope mit unterschiedlicher Langlebigkeit zu separieren und getrennt zu verwahren.
Mehr Innovation: Neue grünere Gewinnungs- und Trennverfahren für Seltene Erden entwickeln Forscher derzeit weltweit, unter anderem mit Hilfe von Mikroben oder elektrischen Strömen.
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