Mit Blick auf die verbleibenden Wochen und Monate 2024 wird von den Börsenprofis heftig spekuliert. Und dann? Ich empfehle, langfristige Strategien beizubehalten.
Den Finanzmärkten geht es nach wie vor erkennbar besser als ihrem wirtschaftlichen Umfeld. Diese für viele überraschende Entwicklung kann auch noch einige Zeit lang anhalten – dank sinkender Zinsen und Inflationsraten einerseits sowie hoher Liquidität, die attraktive Renditen sucht, andererseits. Angesichts der vielen schwerwiegenden Krisenfaktoren national wie global müssen sich kurz- bis mittelfristig planende Anleger auf unberechenbare Risiken und anhaltende Volatilität der Kurse einstellen. Demgegenüber können langfristige Investoren gelassen bleiben.
Chinas Wirtschaft im Fokus
Kurzfristig hat sich in der chinesischen Feiertagswoche das Grundvertrauen der Anleger in Aktien global verbessert. Vor allem die institutionellen Anleger reagieren im Strategischen Bias der Sentix-Analysten sehr positiv, was statistisch auf steigende Aktienpreise hindeutet.
Die Strategen der Frankfurter Helaba überschreiben die aktuelle Marktlage kurz, aber treffend „Aktien: Wenn´s läuft, dann läuft´s!“ Und sie schreiben anschließend: Neue Höchststände beim S&P 500 und der Dax hält sich oberhalb von 19.000 Punkten. Anleger können mit dem Aktienjahr bislang mehr als zufrieden sein, oder kommt sogar noch mehr? HGHHHHhkkkistorisch betrachtet ist das vierte Quartal die beste Phase für Aktien. Sowohl der S&P 500 als auch der Dax legten im Durchschnitt der vergangenen 58 Jahre in diesem Zeitfenster am stärksten zu. Steht Aktien nach einem bislang schon überdurchschnittlich guten Jahr nun also noch eine Jahresendrally ins Haus? Rein technisch betrachtet neigen Aktienmärkte dazu, sich in Trends zu bewegen.
Wie sieht es aber mit den fundamentalen Bedingungen aus? Hierzulande mag sich bei einem Dax-Stand jenseits von 19.000 Punkten so mancher die Augen reiben angesichts anhaltend negativer Nachrichten hinsichtlich der deutschen Wirtschaft und schwacher Wachstumsperspektiven. Allerdings erzielen die Dax-Unternehmen im Durchschnitt nur noch rund ein Viertel des Umsatzes in Deutschland. Insofern bewegen sich die Unternehmensgewinne trotz heimischer Flaute auf hohem Niveau. In diesem Fall ist die hohe internationale Verflechtung ein Vorteil. Im Hinblick auf anhaltende geopolitische Spannungen kann daraus jedoch schnell auch ein Nachteil werden. Dies gilt es zumindest im Hinterkopf zu behalten. Derzeit scheinen Aktien ohnehin weniger von Wachstumsaussichten, sondern vielmehr von der Perspektive auf weiter sinkende Leitzinsen getragen zu sein.
Dax-Historie und Zinstrends
Die Dax-Historie in den (unterschiedlich langen) Zinssenkungsphasen seit 1965 untermauert diese Einschätzung. Lediglich in den Phasen 2001/03 und 2008/09 büßte der Leitindex zum Teil deutlich ein. Insgesamt betrug die auf das Jahr umgerechnete Performance während Zinssenkungsphasen im Durchschnitt aber 13%. Allerdings werden Konjunkturdaten an den Märkten immer dann zum Problem, wenn sie auf eine zu starke Abschwächung insbesondere der US-Konjunktur hindeuten.
Die meisten Analysten beschäftigen sich gestern wie heute besonders intensiv mit dem Spannungsfeld zwischen Wachstumsängsten und Zinssenkungshoffnungen. Das ist günstig für den Dax. Aufgrund der positiven fundamentalen Rahmenbedingungen für US-Aktien im Allgemeinen und für US-Technologiewerte im Besonderen gehen namhafte Strategen davon aus, dass die Aktienkurse in den USA zum Jahresende höher stehen werden als heute. Dazu konkretisiert Carsten Klude von M.M. Warburg: „Deshalb haben wir unser Kursziel für den S&P 500 auf 6.000 Punkte angehoben, und für 2025 sehen wir noch deutlich höhere Kurse. Für die letzten Wochen des Jahres 2024 erwarten wir allerdings einen erneuten Favoritenwechsel auf Sektorebene. Im dritten Quartal hat sich die Marktbreite verbessert und der Kursanstieg wurde von mehr Aktien als zuvor getragen (nicht mehr nur von den „Magnificent 7“). Zu den erfolgreichsten Sektoren zählten Versorger, aber auch Industrie- und Rohstoffunternehmen, obwohl sich deren Gewinnaussichten eintrübten.“
Wechsel der Aktienfavoriten
Für den weiteren Verlauf des vierten Quartals erwartet der Warburg-Stratege jedoch eine Renaissance der US-Technologiewerte: „Unser Kursziel für den Dax haben wir dagegen unverändert gelassen. Nach einer Reihe von Gewinnwarnungen, vor allem aus dem Automobilsektor, wurden die Gewinnerwartungen für den Dax in diesem Jahr seit dem Sommer um rund 5 Prozent reduziert. Statt eines Gewinnanstiegs von 7 Prozent wird nun noch mit einem Plus von 2 Prozent in diesem Jahr gerechnet. Diese Steigerungsrate halten wir trotz der schlechten deutschen Wirtschaftsdaten für erreichbar, da die Dax-Unternehmen fast 25 Prozent ihres Umsatzes in den USA erwirtschaften. Anleger sollten deshalb nicht das Handtuch werfen, sondern investiert bleiben.“ Das sehe ich auch so.
Langfristig drei zentrale Anlageziele
Wenn Sie zu den aktiven kurz- bis mittelfristigen Anlegern gehören, liebe Leser, müssen Sie also auf die Veränderungen im Börsenumfeld reagieren – Stichworte Favoritenwechsel, Gewinnmitnahmen. Wer aber im Zuge langfristiger Vorsorge (Minimum auf fünf bis zehn Jahre) investiert, kann über das aktuelle Geschehen hinwegblicken und international mischend auf drei Schwerpunkte bauen: Heimische Aktien (Dax-Dividendenwerte), Wall Street (Aktien und US-Staatsanleihen) und China / Japan (Aktien langfristiger Wachstumsregionen).