Nach der EZB ist vor der Fed. Denn nun steht die US-Notenbank am Start. Das ist gut für das Anlageklima.
Seit Jahresbeginn haben Spekulationen ob, wann und wie stark die Leitzinsen zurückgenommen werden, die Kapitalmärkte in Bewegung gehalten. Die Erwartungsfreude der Anleger lässt sich an der Wochenbilanz für Aktien, Renten und Gold ablesen. Geopolitische Spannungen und eine starke Zentralbanknachfrage lassen insbesondere das Edelmetall glänzen. Die Notenbanken bleiben also im Fokus.
Mit seltenem Gleichklang werden die Börsenaussichten von den Profis beurteilt – insgesamt weiter positiv. Differenziert bleiben die Analysen zur Wirtschaftslage und den Konjunkturperspektiven. Auch technische und saisonale Faktoren sorgen für Unsicherheit.
Was passiert in den USA?
Rund um die Welt interessieren sich die Anleger für Neuigkeiten und Daten aus den USA. Brummt die amerikanische Konjunktur weiterhin oder kühlt sie ab? Wird die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) die Leitzinsen senken? Welche Auswirkungen könnten die Präsidentschaftswahlen auf die Märkte haben? Das sind bedeutsame Fragen – nicht nur für die USA, sondern für die ganze Welt. Nichtsdestotrotz sind manche Investmentmanager nach wie vor der Auffassung, dass sich die US-Konjunktur in den kommenden Quartalen abkühlen könnte. Die wirtschaftlichen Nachwehen der Pandemie sind weitgehend abgeklungen, und allmählich erscheint die Geldpolitik der Fed allzu restriktiv. Aber die Fed dürfte über den Mut und die erforderlichen Rezepte verfügen, um erforderlichenfalls Impulse zu geben und die Wachstumsphase zu verlängern. Bei der Fed-Sitzung in der kommenden Woche werden wir mehr zu diesem Thema hören.
Der September ist saisonal der schwächste Monat des Jahres. Der Start in den September war entsprechend langsam. Und eine Konsolidierung, auch insgesamt leicht schwächere Märkte, sind nach dem Urteil der Strategen von DJE Kapital denkbar. Die Inflationsentwicklung ist weiterhin klar rückläufig. Damit sind Zinssenkungen zu erwarten. Bleibt die Rezession in den USA aus – ca. 76 Prozent der weltweiten Investoren erwarten ein „Soft Landing“ der US-Wirtschaft – könnte es vor allem nach den US-Wahlen wieder stärker nach oben gehen.
Weiter heißt es: Mit Blick auf die nächsten Wochen im September und den Beginn des Oktobers dürfte eine Phase erhöhter Unsicherheit vorliegen. Chancenreich erachtet man bei DJE weiterhin Japan sowie Sektoren bzw. Branchen, die von Zinssenkungen profitieren, etwa Immobilien oder Versorger.
Neuer Preisrekorde beim Gold erwartet
Auffallend ist der verbreitete Optimismus für Gold. Seit Jahresbeginn hat der Goldpreis um rund 22 Prozent zugelegt und sich jüngst bei 2.500 US-Dollar stabilisiert. Ein Ende der Rally ist trotz historischer Höchstwerte laut DZ Bank Research vorerst nicht in Sicht. Die Analysten erhöhen ihre Goldpreisprognose für Mitte 2025 von 2.300 auf 2.800 US-Dollar. Für Ende dieses Jahres prognostizieren die Kapitalmarktexperten eine Seitwärtsbewegung auf 2.500 Dollar je Feinunze. „Vor allem Zentralbanken sorgen für Rückenwind. Allein China und Indien haben zwischen 2018 und 2023 über 650 Tonnen Gold gekauft. Es sind aber nicht nur die Währungshüter der BRICS-Staaten, die ein ausgeprägtes Interesse am gelben Edelmetall an den Tag legen. Im Juli 2024 trat die Polnische Nationalbank als größter Nachfrager auf“, sagt Analyst Thomas Kulp. Diese Entwicklung begründet der Rohstoffexperte damit, dass sich einige Schwellenländer unabhängiger vom US-Dollar machen wollen. „Auch die zunehmende Blockbildung zwischen dem ‚demokratischen Westen‘ und autokratischen Systemen verbunden mit den militärischen Konflikten in der Ukraine und im Nahen Osten sorgt beim Gold für eine erhöhte Nachfrage“, so Kulp. Ein weiterer Faktor, der für Gold spricht, ist die Aussicht auf sinkende Renditeniveaus am Rentenmarkt im Zuge der anstehenden Leitzinssenkungen der Fed und EZB.
Demgegenüber hat es weder am Renten- noch am Aktienmarkt für ein Kursfeuerwerk gereicht. Der deutsche Leitindex Dax verzeichnet ein leichtes Minus, auch weil die konjunkturellen Risiken zuletzt eher zugenommen haben. In der Berichtswoche dürfte der zur Veröffentlichung anstehenden ZEW-Index keine Entwarnung geben. Börsianer rechnen mit einem leichten Rückgang, wie es der Sentix-Indikator bereits vorweggenommen hat. Neben den bislang trüben Konjunkturdaten für Deutschland dürfte auch die VW- bzw. Autokrise nicht zur Stimmungsaufhellung beitragen.
Anhaltende Zuversicht für Aktien
Konjunkturdaten, Inflationsraten und vor allem die Entwicklung der Unternehmensgewinne stehen für M.M. Warburg im Mittelpunkt, wenn sie die weiteren Aussichten für die Aktienmärkte beurteilen. Auch wenn der September 2024 mit Kursverlusten zwischen drei und fünf Prozent je nach Index bislang seinem schlechten Ruf gerecht wird, gibt es Entwicklungen, die uns für den weiteren Monats- und Jahresverlauf durchaus optimistisch stimmen. So hat die Europäische Zentralbank die Zinsen zum zweiten Mal in diesem Jahr gesenkt, und weitere Anpassungen nach unten werden folgen. Da sich die Inflationsrate der Zwei-Prozent-Marke nähert und sich die derzeit noch hohen Preissteigerungsraten bei den Dienstleistungen aufgrund des nachlassenden Lohndrucks (keine weiteren Inflationsausgleichszahlungen, geringere Steigerungsraten bei den nächsten Tarifabschlüssen) abschwächen werden, kann sich die EZB künftig stärker auf die schwache Konjunktur konzentrieren.
Auch in den USA wird die Federal Reserve in dieser Woche mit einer Leitzinssenkung um 25 Basispunkte den Zinssenkungszyklus einleiten. Wie in der Eurozone wird die Geldpolitik bis Ende des Jahres weiter gelockert und auch im nächsten Jahr stehen weitere Zinssenkungen auf dem Programm. Dies bedeutet, dass Fest- und Tagesgeldzinsen sinken und für Anlegerunattraktiver werden, sodass Umschichtungen in den Aktienmarkt wahrscheinlicher werden.
Technologiewerte bleiben interessant
Davon könnten auch die zuletzt unter Druck geratenen Technologiewerte wieder profitieren. Ihre Bewertungen sind zwar immer noch höher als die vieler anderer Unternehmen, aber im Vergleich zur eigenen Historie wieder attraktiver geworden. Zudem weisen sie nach wie vor die besten Aussichten für die weitere Gewinnentwicklung auf, was sich auch darin zeigt, dass sie der einzige Sektor sind, für den die Gewinnerwartungen für das dritte Quartal nicht nach unten revidiert wurden.